Die Wandlung der Wittelsbacherallee

Die Straßenbahnstrecke in der Wittelsbacher Allee gehört zu den Strecken, die nach dem Zweiten Weltkrieg in großem Stil umgebaut wurden, um Platz für den Autoverkehr zu schaffen. Ursprünglich war der Grünstreifen in der Mitte etwas breiter als heute und neben einem sehr breiten Trottoir gab es beiderseits des Grünstreifens nur je eine Fahrbahn in jede Richtung, in welcher je ein Gleis verlegt war. Stadtauswärts fuhren die Züge auf der südlichen Fahrbahn. Bis zum 27.2.1931 wendeten sie an der Bornheimer Landwehr in einem Halbkreis auf die Nordseite, wo in der stadteinwärts führenden Fahrbahn ebenfalls ein Gleis verlegt war.

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Luftbild der Wendeschleife Bornheimer Landwehr 1927
Luftbild 7315/1956, © Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main

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Bornheimer Landwehr heute
© Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main

Im Zuge der großen Stadterweiterungsprojekte in der Ära des Oberbürgermeisters Franz Adickes ist ungefähr ab 1900 nicht nur die Fortführung des Alleenrings von der Arnsburger Straße nach Osten projektiert worden, sondern noch weitere Prachtstraßen, die Wittelsbacher-,  die Luxemburger- und die Saalburgallee. Zwischen  1905 und 1930 entstand zwischen Alleering und Saalburgallee, Wittelsbacher Allee und Röderbergweg ein neuer Stadtteil mit weit über 10.000 Einwohnern, der mit zwei Straßenbahnlinien erschlossen werden sollte, davon eine vom Zoo durch die Wittelsbacher Allee, die andere durch die Rhönstraße

Bis Anfang der 30er Jahre endete die Straßenbahn an der Bornheimer Landwehr. Ihre Fortführung Richtung Saalburgallee/Bornheimer Hang war zwar schon geplant, doch durch den Ersten Weltkrieg, Inflation und Wirtschaftskrise verzögerte sich die Entwicklung der östlichen Außenstadt und mit ihr die Verlängerung der Wittelsbacher Allee.
Am 1.7.1908 nahm die Linie 6, die bis dahin am Zoo geendet hatte, den Betrieb bis zur Bornheimer Landwehr auf, von 1910 bis 1931 war es die Linie 3. Wegen der schon vorhandenen alten Bebauung hat die Wittelsbacher Allee im unteren Abschnitt Thüringer Straße – Wingertstraße einen kleineren Querschnitt, die Gleise waren deshalb in der Fahrbahnmitte verlegt worden. Erst an der Wingertstraße wird sie tatsächlich zur Allee mit einer Gesamtbreite von 60 m und einem Grünstreifen in der Mitte mit einer Breite von 30 m.
Die Spreizung der Gleise aus der Mittellage in die seitlich des Grünstreifens gelegenen Fahrbahnen zeigt der Ausschnitt aus dem Fluchtlinienplan F-1825 vom 4.9.1961 sowie der Ausschnitt aus einem Luftbild von 1956; die Fotos zeigen die heutigen Situation an dieser Stelle.

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Fluchtlinienplan F-1825 vom 4.9.1961 © Stadtplanungsamt  Frankfurt am Main

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Luftbild von 1956;Luftbild 7315/1956,
© Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main

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Die Fotos zeigen die heutigen Situation an dieser Stelle.

Schon bald nach dem 1. Weltkrieg war die Wittelsbacher Allee bis zur Saalburgallee verlängert worden, Ende der 20er Jahr folgte der  Weiterbau zur Inheidener Straße. Mit Fertigstellung auf ganzer Länge wurde dann auch die Straßenbahn bis zur Inheidener Straße verlängert. Ab Bornheimer Landwehr wurde die Gleise aber schon gleich in den Grünstreifen gelegt, allerdings nicht mittig, sondern in der südlichen Hälfte. Mit der Verlängerung fand zugleich auch eine Linienänderung statt, die Strecke vom Zoo zur Inheidener Straße wurde ab dem  28.2.1931 von der Linie 15 bedient.
Sogleich nach Inbetriebnahme der Streckenverlängerung wurde die Halbkreiswende an der Bornheimer Landwehr abgebaut.
Das Gleismaterial wurde unmittelbar zum Bau einer Wendeanlage an der Plessengasse in Fechenheim verwendet, wo schon seit dem 4.5.1930 die Linie 14 endete, es aber keine Wendemöglichkeit gab. Da sich der Weiterbau zur Schießhüttenstraße verzögerte, stimmte der Magistrat dem Bau einer provisorischen Wendeanlage an der Plessengasse unter der Bedingung zu, dass hierfür keine Kosten entstehen. Das Straßenbahnamt sicherte dies unter Verweis auf das an der Bornheimer Landwehr ausgebaute Gleismaterial zu (vgl. ISG, Magistratsakten Nr. 4113, Bd. 1, Schreiben der Städtischen Straßenbahn vom 11.5.1931).
Die Haltestelle „Bornheimer Landwehr" wurde stadteinwärts in den Grünstreifen verlegt, stadtauswärts verblieb sie vorerst noch am südlichen Fahrbahnrad.
 

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© Stadtplanungsamt Frankfurt am Main

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Luftbild 7315/1956, © Stadtvermessungsamt Frankfurt am Main

Der Ausschnitt aus dem Fluchtlinienplan Nr. F-1424 vom 12.6.1937 und das Luftbild aus dem Jahr 1956 zeigen die Situation nach Fortführung der Strecke im Grünstreifen Richtung Inheidener Straße.

Am 17.1.1932 wurde ein neues System der Nummerierung von reichsweiten Fernstraßen eingeführt, die ab 1934 Reichsstraßen, nach 1949 Bundesstraßen genannt wurden (Quelle: http://www.reichsstrassen.de.vu/ ). Die Wittelsbacher Allee wurde mit Teilen des Alleenrings und der Saalburgallee Bestandteil der Reichsstraßen 8 und 40, die seit Anfang der 50er Jahre als B 8 und B 40 firmieren. Nachdem in den 50er Jahren der motorisierte Individualverkehr extrem zugenommen hatte, wurde Anfang der 60er Jahre begonnen, die im Stadtgebiet von Frankfurt verlaufenden Bundesstraßen nach und nach vierspurig auszubauen. Die Wittelsbacher Allee wurde Mitte der 60er Jahre so umgebaut, wie wir sie heute kennen: zwei Fahrbahnen je Richtung und die Straßenbahn im Mittelstreifen.
Das aktuelle Luftbild zeigt den Zustand, wie er Mitte der 60er Jahre hergestellt wurde; anstelle der Wendeschleife der Straßenbahn befindet sich ein U-Turn durch den Grünstreifen für den Autoverkehr. (Siehe zweites Foto auf dieser Seite)
 

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Heute erinnern nur noch einige wenige Wandrosetten an den Häusern Wittelsbacher Allee 34, 46, 50, 64, 55, 67 und 107 sowie einige rostige Bolzen daran, dass die Tragseile der Oberleitung an den seitlich liegenden Häusern befestigt waren.

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Die Linie 15 bediente die Wittelsbacher Allee bis zum 11.10.1986. Nachdem 1986 die U-Bahn Linie U7 ihren Betrieb zwischen Hausen und Zoo aufnahm und dadurch der westlichen Ast der Linie 18 entbehrlich wurde, bediente ab dem 12.10.1986 die Linie 18 den Streckenabschnitt
in der Wittelsbacherallee. Ihr Linienweg war: Inheidner Straße - Zoo - Ostbahnhof - (Hanauer Landstrße) - Ratsweg - Enkheim.
Mit der Verlängerung der U7 nach Enkheim war dann auch der östliche Ast der Linie 18 entbehrlich und sie wurde am 30.05.1992 eingestellt.
Seit diesem Tag fährt die Linie 14 durch die Wittelsbacher Allee.
Mit Wirkung vom 1.6.1997 wurde die Endhaltestelle in Ernst-May-Platz umbenannt. Wegen ihres Verlaufs zwischen den U-Bahn-Linien 4 und 7 war immer wieder mal überlegt worden, den Abschnitt zwischen Zoo und Ernst-May-Platz stillzulegen oder den Takt auszudünnen. Wenn aber solche Stilllegungspläne wirklich existierten, wären Teile der Strecke in den letzten Jahren, zuletzt im August 2009 und März 2010 wohl kaum so grundhaft und aufwändig erneuert worden:
 

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© Matthias Hoffmann 02/2011

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